Schüler lernen mit der künstlichen Intelligenz „ChatGPT“

Ein Beitrag aus der Waltroper Zeitung (J. Wachter):

„ChatGPT“ ist ein Dauerthema, auch an den Waltroper Schulen. Kinder sind oft informierter als ihre Eltern. Lehrer und Schüler sprechen über Vor- und Nachteile.

Mittlerweile kennen fast alle Schülerinnen und Schüler des Theodor-Heuss-Gymnasiums und der Realschule die künstliche Intelligenz (KI) ChatGPT. Erst Ende des vergangenen Jahres wurde die Software für öffentliche Tests freigegeben. Nun arbeitet das Lehrpersonal mit der KI und Schülerinnen und Schüler lernen damit.

Das klingt im ersten Moment nach einer Erleichterung für beide Seiten. „Ist es auch zum Teil“, sagt Sonja Leukefeld, THG-Schulleiterin. „Aber wir müssen uns der Risiken bewusst sein.“ Dem stimmen auch die Digi-Helden des Gymnasiums zu. Das sind ausgewählte Schülerinnen und Schüler, die sich intensiver mit der Digitalisierung und der Medienkompetenz auseinandersetzen. „Ich habe ChatGPT direkt nach der öffentlichen Freigabe ausprobiert“, erzählt Julian Obst.

Er sei quasi von Anfang an dabei gewesen und habe die rasante Entwicklung als Nutzer miterlebt. „Am Anfang waren die Antworten noch nicht so präzise. Heute schreibt die KI schon viel besser und weiß viel mehr“, sagt der 13-jährige Schüler. Das verdeutliche, wie schnell die KI lerne.

Medienkompetenz fördern

Deshalb muss auch ein Umgang damit erlernt sein. „Wir kommen daran gar nicht vorbei“, sagt Klassenlehrerin Regina Schubert-Drumann. Sie ist an der Realschule in Waltrop auch eine Ansprechpartnerin für digitale Themen. „Es wäre aber auch nicht gut, wenn das Thema ausgeklammert wird. Denn häufig kommen die Schüler im Unterricht zu mir und fragen nach, weil ihre Eltern oft keine oder nur wenig Ahnung davon haben.“ Schulleiterin Lisa Dahlhues fügt hinzu, dass die KI ist jetzt da ist und „wir schauen müssen, welche Vorteile wir daraus ziehen können und wie wir den Kindern einen kompetenten Umgang beibringen können.“

Beide Schulen haben im Unterricht bereits Experimente durchgeführt. „Wir haben beispielsweise einen Infotext über die KI für die Eltern schreiben lassen“, erzählt Regina Schubert-Drumann.

ChatGPT gut als Erstquelle

Am Gymnasium wurde im Deutschunterricht das Thema „Argumentation“ mit der KI unterstützt. „Es wurden dann Argumente vorgeschlagen, die wir gar nicht auf dem Schirm hatten“, sagt Julian Obst.

Bei Schreibaufgaben würden sich die Schülerinnen und Schüler nicht trauen, zu schummeln. „Die KI schreibt oft mit Wörtern, die wir noch gar nicht kennen“, sagt Noah Just. Er gehört zu den Medienscouts an der Realschule.

Diese stehen den Schülerinnen und Schülern aller Jahrgangsstufen bei Problemen mit dem Handy, sozialen Netzwerken und vielen anderen Fragen beratend zur Seite. „Die Lehrer würden es direkt merken, denn sie kennen unsere Ausdrucksweise und unseren Schreibstil“, so der 13-jährige Realschüler.

Julian Obst fragte ChatGPT, ob das Programm den Text so verfassen könne, als ob ein 13-Jähriger diesen geschrieben hätte. „Die Software hat das dann zwar gemacht, aber die Jugendsprache war so schlecht, dass ich den Text nicht abgeben hätte können.“

Gefahren sehen die Lehrerinnen und Lehrer vor allem darin, dass die Kinder verlernen, eigenständig zu denken und zu schreiben. „ChatGPT kann eine gute Inspiration für den Aufbau eines Textes sein, aber die Kinder müssen lernen, das Ergebnis kritisch zu hinterfragen und auch mit weiteren Quellen zu überprüfen“, sagt Fabian Remkes, Klassenlehrer der 9c. Er habe beispielsweise mit seiner Klasse einen Businessplan für die Schülergenossenschaftsfirma erstellen lassen und diesen anschließend mit ihnen besprochen.

„Ich denke, dass wir uns im Zuge der Digitalisierung neue Eigenschaften aneignen müssen“, so Remkes. Während man früher wissen musste, wo man nach Informationen sucht, müsse man heute eher wissen: Wie formuliere ich die Frage, sodass ich eine präzise Antwort bekomme und wie kann das Ergebnis anschließend auf Richtigkeit überprüft werden. Dass die KI bald eine Lehrperson ersetzen könnte, davor haben die Lehrerinnen und Lehrer der Realschule und des Gymnasiums in Waltrop keine Angst. „Denn lernen bedeutet insbesondere Beziehungsarbeit“, sagt Regina Schubert-Drumann.

„Ich kenne die Schwächen meiner Schüler und kann diese im Unterricht gezielt fördern und individuelle Hilfestellung anbieten.“ Speziell die Corona-Situation habe verdeutlicht, dass der persönliche Bezug wichtig für das Lernen und die Entwicklung der Kinder im Schulalltag ist.

Dennoch werde die Zukunft zeigen, wie das Schulsystem und die Prüfungsformen an die Digitalisierung angepasst werden müssen. „Ich kann mir schon vorstellen, dass vermehrt mündlich geprüft wird oder die Schreibaufgaben in der Schule erledigt werden müssen“, sagt Schubert-Drumann.

Dem stimmt Eva Möllemann zu. „Denn wichtig ist in erster Linie, dass die Kinder das eigenständige Denken und Formulieren von Sätzen nicht verlernen und dass das Hirn weiter gefordert wird.“

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